Dr. Martina Melzer, veröffentlicht: 25.09.23
Wichtige Hinweise vorab:
- Bei sogenannten Mind-Body-Syndromen finden sich in Spezialuntersuchungen zwar oft Auffälligkeiten, es kommt aber normalerweise zu keinen Organ- oder Gewebeschäden.
- Neue Symptome immer gründlich ärztlich abklären lassen. Es kann ein Mind-Body-Syndrom dahinterstecken, aber auch eine andere Krankheit, oder es ist eine Kombination aus beidem.
Ein gesunder Lebensstil ist für jeden Menschen wichtig, der gesund bleiben oder es werden möchte. Vor allem Ernährung, Bewegung, Schlaf, ein gesunder Darm und Pacing (vor allem für Menschen mit ME/CFS und Post-Covid-Syndrom) sind zentral. Ein ungesunder Lebensstil bedeutet Stress für den Körper. Und das ist für deine Genesungsreise kontraproduktiv, denn es triggert den Überlebensmodus.
ernährung
Unser Körper benötigt Makronährstoffe, das sind Eiweiß, Fett und Kohlenhydrate, um Energie zu produzieren. Er braucht dafür aber auch Mikronährstoffe – Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Unser Essen liefert das idealerweise. Unser Essen kann uns aber auch Energie rauben, vor allem indem es den Blutzucker in die Höhe schnellen und dann rasch absinken lässt.
Welche Ernährungsweise für dich die richtige ist, kannst nur du herausfinden. Wir sind alle verschieden. Was des einen Menschen Medizin, ist des anderen Gift. Niemand kann sagen, wie du auf ein
Lebensmittel reagierst, außer du selbst.
Eine ausgewogene und antientzündliche Ernährung setzt sich aus sehr viel Gemüse, etwas Obst, Omega-3-Fettsäuren, Ballaststoffen und Fett, Eiweiß und Kohlenhydraten in individueller
Verträglichkeit zusammen.
Darm-gesundheit
Eng verknüpft mit dem Essen ist der Darm. Er verdaut nicht nur unser Essen. Er erfüllt noch viele weitere Aufgaben. Zum Beispiel beherbergt er 70 bis 80 Prozent
aller Immunzellen. Das macht Sinn, zum Beispiel um alle Essensbestandteile und Mikoorganismen vor der Aufnahme in den Körper untersuchen zu können. Jede Mahlzeit löst dadurch eine winzige
Entzündungsreaktion im Darm aus, von der wir normalerweise nichts merken. Sind wir außer Balance geraten, kann das Immunsystem plötzlich überreagieren, was zum Beispiel beim Leaky gut-Syndrom
eine Rolle spielt, aber auch bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten.
Der Darm hat außerdem eine eigene Darmflora, auch Darmmikrobiom genannt. Diese Mikroorganismen helfen, das Essen zu verdauen, beeinflussen unsere Stimmung, den Schlaf, dichten die Darmwand gegen
schädliche Mikroorganismen ab, bilden kurzkettige Fettsäuren als Energiesubstrat für die Darmzellen, stellen Gehirnbotenstoffe her und wirken antientzündlich. Eine gestörte Darmflora scheint bei
vielen Krankheiten eine Rolle zu spielen.
Zwischen Darm und Hirn findet ein reger Austausch statt, und zwar über die sogenannte Darm-Hirn-Achse. Darmnervensystem und zentrales Nervensystem kommunizieren so miteinander. Ist die
Darm-Hirn-Achse gestört, kann es zu weitreichenden Problemen im Körper kommen. Nicht nur zum Reizdarm, sondern auch zu Entzündungsprozessen in Darm, Hirn und anderen Organen oder Geweben. Auch
emotional wirkt sich die Fehlsteuerung aus.
bewegung
Bewegung ist wichtig, auch für Menschen mit ME/CFS und Long Covid. Denn sie hilft unter anderem, Stresshormone abzubauen. Es ist nur sehr wichtig, keine Angst vor
Bewegung zu haben und gut auf den Körper zu hören. Außerdem heißt Bewegung nicht nur Joggen oder Fitnessstudio, sondern jegliche Form körperlicher Aktivität. Vielleicht heißt das für dich im
Moment: Im Bett ein paar Dehnübungen machen. Vielleicht heißt es auch, einen kleinen Spaziergang zu machen. Das ist etwas sehr Individuelles.
Um sich bei Bewegung nicht zu überlasten oder danach zu crashen, ist Pacing hilfreich, eine gute Selbstwahrnehmung – und Gehirntraining.
Schlaf
Unser Schlaf gliedert sich in verschiedene Stadien, mal schlafen wir leichter, mal richtig tief, mal bewegen sich unsere Augen (REM-Schlaf), mal nicht
(Non-REM-Schlaf). Ungefähr alle 90 Minuten haben wir einmal alle Phasen durchlaufen. Danach wachen wir kurz auf, ob wir das merken oder nicht. Der Tiefschlaf scheint für unsere Erholung besonders
wichtig zu sein und findet wohl in den ersten vier bis fünf Schlafstunden statt. Danach beginnen wir uns vermehrt hin und her zu wälzen.
Im Schlaf schaltet ein Teil unserer Körpersysteme auf den Pausenknopf, um sich zu regenerieren. Aber nicht alle. Manche sind hochaktiv, zum Beispiel das Gehirn. Auch die Verdauung läuft auf
Hochtouren, die Leber entgiftet, Hormone werden gebildet, Zellen erneuern sich, das Immunsystem bekämpft Krankheitserreger.
Menschen mit chronischer Erschöpfung kennen das: Sie schlafen 12 Stunden, stehen auf und fühlen sich wie tot. Oder sie sind eigentlich todmüde, können aber trotzdem nicht schlafen. Beim
Mind-Body-Syndrom steckt hier meistens ein autonomes Nervensystem im Überlebensmodus dahinter.
Wenn du dein Gehirn und Nervensystem aus dem Überlebensmodus bringst, dann verbessert sich auch dein Schlaf. Ansonsten ist es wichtig, die allgemeinen Tipps zur Schlafhygiene zu beachten.
pacing
Pacing bedeutet soviel wie: Kenne dein tägliches Energielimit. Teile dir deine Aktivitäten so ein, dass du möglichst nicht mehr Energie verbrauchst wie du an einem
Tag zur Verfügung hast.
Pacing ist eigentlich für jeden Menschen sinnvoll. Es hilft, sich nicht zu überlasten und abends dann erschöpft auf der Couch zu liegen. Stattdessen teilt man sich seinen Tag so ein, dass immer
ausreichend Energie da ist. Pacing hilft, den Zustand zu stabilisieren, oder wie immer mehr Menschen sagen: die eigene Baseline zu finden.
Damit Pacing gelingt, ist es wichtig, die größten Energieräuber zu finden. Nicht nur körperliche Aktivität kostet Energie, sondern auch geistige und emotionale sowie Umweltreize. Dann ist es
hilfreich, gut zu planen, Prioriäten zu setzen und Hilfe anzunehmen.
Wichtig: Die Aussagen in diesem Text sind das Ergebnis meiner Recherchen aus wissenschaftlichen Untersuchungen, Fachartikeln, Büchern, Kursen, Aus- und
Weiterbildungen sowie meines eigenen Genesungsprozesses. Ich habe bestmöglich recherchiert, erhebe aber dennoch keinen Anspruch auf Richtigkeit. In der Wissenschaft gilt etwas solange als
Hypothese, bis es eindeutig belegt (oder widerlegt) ist. Das ist dann Evidenz, ein Fakt. Die Aussagen in diesem Text sind eine Kombination aus Hypothesen und Fakten.
Die Inhalte auf dieser Seite dienen außerdem nur zu Informationszwecken und ersetzen nicht das Gespräch mit Ärztin, Arzt oder anderen Therapeuten. Bitte sprich mit deiner Ärztin, deinem Arzt oder
Therapeuten, bevor du Entscheidungen triffst, die deine körperliche oder mentale Gesundheit betreffen. Jeder Weg in ein Mind-Body-Syndrom ist etwas Individuelles, und jeder Weg
heraus.